Wasserstoff kann theoretisch in vielen Sektoren eingesetzt werden. In der Industrie, dem Verkehr, für Gebäudewärme und in der Stromversorgung. Die Verfügbarkeit ist momentan jedoch noch zu gering, um hypothetisch alle Sektoren damit zu bedienen. Allein in Deutschland lag der Bedarf 2020 bei 55 TWh, welcher sich bis 2030 verdoppeln könnte. Hinzu kommt die wenig klimaneutrale Produktion des Wasserstoffes. „Die Europäische Union verbraucht jährlich 340 Terawattstunden an Wasserstoff. Dieser wird nahezu ausschließlich mittels fossiler Brennstoffe wie Erdgas hergestellt und ist somit ein bedeutender Verursacher von Treibhausgasen“ (Agora Energiewende). Dies ist selbstverständlich nicht mit dem Ziel der Dekarbonisierung der Wirtschaft zu vereinbaren. Aber grüner Wasserstoff ist im Moment noch teurer als grauer, weshalb letzterer vornehmlich genutzt wird.
Laut einer Studie von Agora Energiewende und Guidehouse sind in der EU bis 2030 Fördersummen in Höhe von 10 bis 24 Milliarden Euro pro Jahr nötig, um Wasserstoff wettbewerbsfähig zu machen. Parallel dazu macht eine CO2-Bepreisung fossile Energieträger in Zukunft immer unattraktiver. Das reicht aber laut dem Direktor von Agora Energiewende nicht aus: „Daher müssen wir bei der Förderung Prioritäten setzen: Die Mittel müssen vorrangig für solche Bereiche bereitstehen, wo unumstritten Bedarf nach erneuerbarem Wasserstoff entsteht.“ Auch laut dem Sachverständigenrat für Umweltfragen sind diese Bereich vor allem die Stahlproduktion, die Chemieindustrie mit der Produktion von Stoffen wie Ammoniak und Methanol, sowie die Langstreckenluftfahrt und Hochseeschifffahrt.
Alleine bei der Produktion von einer Tonne Ammoniak mittels Haber-Bosch-Verfahren entstehen durch die fossile Wasserstoffproduktion beispielsweise 1,8 t CO2, welcher durch die Nutzung von grünem Wasserstoff völlig vermieden werden kann. Auch die Methanolsynthese kann mit nachhaltigem Wasserstoff unter Zuhilfenahme von nicht fossilen Kohlenstoffquellen dekarbonisiert werden. Da die chemische Industrie der Industriezweig mit dem höchsten Energieverbrauch ist, besteht hier folglich ein massives Einsparpotenzial.
Auch in der Stahlindustrie kann erneuerbarer Wasserstoff fossile Energieträger ersetzen. Beispielsweise werden in Deutschland mittlerweile viele Direktreduktionsanlagen als Ersatz für die Hochofenroute genutzt. Hier können bereits durch die Nutzung von Erdgas die CO2-Emissionen um 66 Prozent verringert werden. Im nächsten Schritt kann durch das kontinuierliche Substituieren von Erdgas durch erneuerbaren Wasserstoff noch mehr CO2 eingespart werden.
Die Herstellung von Wasserstoff wird in den nächsten Jahrzehnten immer günstiger werden. Wichtig ist jetzt, die Bereiche zu fördern die eindeutig von nachhaltigem Wasserstoff profitieren und so dekarbonisiert werden können. Wasserstoff ist ein Sekundärenergieträger, ihn zu produzieren ist ein sehr energieaufwendiger Prozess. Wo es möglich ist Prozesse zu elektrifizieren sollten sie elektrifiziert werden. Wo dies nicht möglich ist, kann nachhaltiger Wasserstoff eine sehr gute Lösung darstellen.
Eine weitere wirtschaftliche Chance, welcher Wasserstoff die Tür öffnet, ist das Schaffen neuer Arbeitsplätze. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie prognostiziert 5,4 Millionen neue Arbeitsplätze in der Wasserstoff-Industrie bis 2050.
Noch ist Wasserstoff teuer, aber ein erfolgreicher Markthochlauf reduziert die Kosten massiv. Dann trägt nachhaltig produzierter Wasserstoff in Kombination mit gesenkten Energieverbräuchen einen großen Teil zur Dekarbonisierung der Wirtschaft bei.